Frühzeitig auch Begleiterkrankungen therapieren
Das glukozentrische Weltbild der Diabetologie wankt schon länger. Es wird zunehmend ersetzt durch eine vernetzte Sicht, die weitere Risikofaktoren – also Begleitkrankheiten wie Bluthochdruck und hohe Blutfette – stärker in den Blick rückt und Nutzen und Risiko individueller abwägt. Die Blutzuckersenkung ist und bleibt wichtig, sie ist jedoch nicht das einzige Therapieziel und muss auch nicht immer einen ganz bestimmten Wert erreichen. Für die längerfristige Gesundheit scheint es auch von Bedeutung zu sein, Unterzuckerungen und eine starke Gewichtszunahme zu vermeiden. Beschleunigt haben diesen Sichtwandel 5 Studien mit “harten Endpunkten”, alle publiziert im Jahr 2008, mit recht unterschiedlichen Ergebnissen. In der Zusammenschau leiten Experten folgende Schlussfolgerungen ab:- Eine normnahe Glukosestoffwechseleinstellung – z.B. HbA1c unter 6,5% – muss möglichst bei Krankheitsmanifestation, generell so früh wie möglich eingeleitet werden. Nur dann vermag sie das Risiko nicht nur für mikro-, sondern auch für makrovaskuläre Komplikationen zu senken und ein präventives “metabolisches Gedächtnis” aufzubauen. Das heißt, nur dann besteht Aussicht, das Risiko für Nerven-, Nieren- und Augenschäden, aber vor allem auch das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall maßgeblich zu senken.
- Der vorteilhafte Effekt einer optimierten Blutzuckerkontrolle lässt sich nicht vor Ablauf von zehn Jahren beurteilen.
- Bei Typ-2-Diabtikern mit langer Krankheitsdauer und schon bestehenden kardiovaskulären Komplikationen (z.B. Herzinfarkt in der Vorgeschichte) ist leider durch intensivierte Blutzuckerkontrolle meist keine klinisch bedeutsame Minderung von Folgekrankheiten mehr zu erreichen.
- Bei Neumanifestation des Diabetes bzw. kurzer Krankheitsdauer ist das Therapieziel die normnahe Blutzuckereinstellung: HbA1c 6,5%
- Bei langer Krankheitsdauer und Multimorbidität muss die “antihypoglykämische” gegenüber der “antihyperglykämischen” Therapie überwiegen: individuelles Therapieziel z.B. HbA1c 7 bis 7,5%
- Bei Multimorbidität rückt die Therapie kardiovaskulärer Begleiterkrankungen in den Vordergrund!
- Hypoglykämien und wesentliche Gewichtszunahme sind möglichst zu vermeiden!
Kategorisiert in: 2010, Diabetes-Therapie, Folgeerkrankungen, Nachrichten
Dieser Artikel wurde verfasst von admin