DDG und diabetesDE kritisieren den Umgang des IQWiG mit dem Patientenwohl
Ein schlecht eingestellter Blutzucker schädigt bei Menschen mit Diabetes Typ 2 häufig die Gefäße, kann zu Erblindung, Schlaganfall oder Herzinfarkt führen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bezweifelt jedoch in einem aktuellen Report den Nutzen einer Diabetestherapie, die Normwerte des Blutzuckers anstrebt. Vor dieser Schlussfolgerung warnen die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und diabetesDE, da aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse den Nutzen einer blutzuckersenkenden Therapie eindeutig belegen. Bei der Analyse der sieben vom IQWiG untersuchten Studien kommt das Institut zu dem Schluss, dass die Vor- und Nachteile einer blutzucker-senkenden Therapie bei Typ 2-Diabetikern ebenso hoch seien wie die Vor- und Nachteile, wenn diese gar nicht behandelt würden. Es gäbe keine eindeutigen Belege dafür, dass sich durch eine Behandlung mit Medi-kamenten Folgeerkrankungen des Diabetes Typ 2 vermeiden ließen. Hingegen seien die Schäden, die eine Therapie beispielsweise durch Unterzuckerungen (Hypoglykämien) verursachen könnte genauso negativ wie die eines nicht behandelten Typ 2 Diabetes. Dabei widerspricht sich das IQWiG selbst: Es zieht das Fazit, dass eine Diabetestherapie bei keinem wichtigen Therapieziel zu einer Verbesserung im Vergleich zum unbehandelten Diabetes führt. Gleichzeitig stellt es jedoch fest, dass es bei einer blutzuckersenkenden Therapie zu weniger nicht-tödlichen Herzinfarkten kommt – ein eindeutiger Vorteil, den das IQWiG allerdings nicht im Sinne der Patienten wertet. Außerdem geht das IQWiG in seiner Analyse von einem Therapieziel aus, das nicht mehr zeitgemäß ist. Es geht heute in der Behandlung von Typ 2-Diabetikern nicht darum, bei jedem Patienten den Blutzucker möglichst weit in den Normalbereich abzusenken. Angestrebt werden vielmehr individualisierte Therapieziele, die beispielsweise bei jüngeren Patienten ohne Unterzuckerungsgefahr einem Langzeit-Blutzuckerwert im HbA1c-Bereich von 6,5 bis allenfalls sieben Prozent entsprechen. Seit der Analyse der ADVANCE- und ACCORD-Studie im Jahr 2008 ist das auch in den Leitlinien für die Diabetes-Behandlung berücksichtigt. In seinem für den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschleunigt erstellten „Rapid Report“ ignoriert das IQWiG vorliegende wissenschaft-liche Erkenntnisse in vielfacher Weise. Eine der größten unabhängigen Langzeitstudien zur Behandlung von Typ 2-Diabetikern wie die UK Prospective Diabetes Study (UKPDS), die einen eindeutigen Therapie-Nutzen nachweist, hat das Institut beispielsweise nicht berücksichtigt. Hingegen wurden alte zum Teil über 40 Jahre alte Studien analysiert. Auch international steht das IQWiG mit dieser Einschätzung zum Nutzen der Diabetes-Therapie alleine, wie Stellungnahmen der amerikanischen Diabetesgesellschaft zeigen. „Das IQWiG verwässert mit alten Studien, die nichts mehr mit der aktuellen Realität zu tun haben, die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die heute Basis der Diabetesbehandlung sind“, kritisieren DDG und diabetesDE in ihrer Stellungnahme. Insgesamt schade eine solche Vorgehensweise der Diskussion um eine wissenschaftlich fundierte Diabetestherapie und damit einer guten Patientenversorgung. „Der jetzt vorliegende „Rapid Report“ des IQWiG erweckt sogar den Eindruck, dass eine Diabetestherapie gar nicht notwendig sei“, kritisiert Prof. Dr. med. Andreas Fritsche, Pressesprecher der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Das könne fatale Folgen haben, Patienten verunsichern und deren Gesundheit gefährden. Daher sei es DDG und diabetesDE besonders wichtig, diese seriös aufzuklären. Dies ausführliche Stellungnahme von DDG und diabetesDE finden sie hier.Kategorisiert in: 2011, Diabetes und Soziales, Diabetes-Therapie, Nachrichten
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