Bariatrische Chirurgie als Therapie bei Übergewichtigen mit Diabetes mellitus

Stuttgart, Mai 2012 – Bereits jeder fünfte Erwachsene in Deutschland ist gemäß der Nationalen Verzehrsstudie stark übergewichtig. Gut eine Million ist mit einem Body-Mass-Index (BMI) von über 40 sogar schwer adipös. Zahlreiche  Betroffene leiden auch unter Diabetes Typ 2. Bleiben Ernährungs-, Bewegungs- und Psychotherapien auf die Dauer erfolglos, kann ihnen eine bariatrische Operation beim Abnehmen helfen. Bei vielen der Diabetes-Patienten verbessert sich nach der OP auch die Stoffwechsellage, so dass sie zunächst keine Insulintherapie mehr benötigen. Ob dieser Effekt jedoch von Dauer ist und die bariatrische Chirurgie bei Menschen mit Diabetes Typ 2 auch eine Therapieoption gegen die Stoffwechselerkrankung an sich sein könnte, wird kontrovers diskutiert. Professor Dr. med. Tobias Lohmann erörtert dieses Thema im Rahmen der Kongress-Pressekonferenz zum Diabetes Kongress 2012 am 18. Mai 2012 im Internationalen Congresscenter Stuttgart.

„Die bariatrische Chirurgie ist bei Patienten, deren Body-Mass-Index (BMI) höher als 35 kg/m2 ist und die unter Diabetes Typ 2 leiden, eine evidenzbasierte und weltweit anerkannte Therapie zur anhaltenden und deutlichen Gewichtsreduktion“, sagt Professor Dr. med. Tobias Lohmann, Chefarzt der Medizinischen Klinik am Städtischen Krankenhaus Dresden-Neustadt.  Bei einer bariatrischen Operation wird  dem Patienten entweder ein Magenband eingesetzt, ein Magenschlauch gebildet oder ein  Magenbypass gelegt. Beim „Schlauchmagen“ schneidet der Operateur Teile des Magens heraus und legt den oberen Teil des Dünndarms still.  Auch bei einem „Magenbypass“ schließt der Chirurg einen Teil des Magens vom Verdauungstrakt aus. Dadurch verkleinert sich der Magen und kann weniger Nahrung fassen. Zum anderen verkürzt sich die Magen-Darm-Passage derart, dass der Körper auch weniger Nährstoffe aus der Nahrung aufnimmt.  „Von den verschiedenen Therapieverfahren scheinen sich der Schlauchmagen und der Magenbypass gegenüber dem Magenband aufgrund größerer Effektivität durchzusetzen“, erklärt Professor Lohmann.

Betroffene verspüren nach einem solchen Eingriff weniger Hunger und verlieren an Gewicht. Zudem scheinen die Symptome eines Diabetes Typ 2 bei Operierten zu verschwinden, wie Professor Lohmann erläutert: „Nach einer solchen Operation kommt es bei etwa 80 Prozent der Patienten zu einer Remission des Typ-2-Diabetes.“ Ob diese Remission lebenslang anhält, könne jedoch noch nicht gesagt werden. Auch sei der Mechanismus dieses Effekts noch nicht endgültig aufgeklärt. Somit ist derzeit noch nicht abzusehen, ob operierte Diabetes-Patienten langfristig besser, komplikationsärmer und länger leben. Abgesehen vom Risiko eines solchen Eingriffs birgt die Operation auch beträchtliche mögliche Nebenwirkungen wie Vitaminmangel, Unterzuckerungen, bis hin zu Depressionen mit erhöhter Suizidrate. „Voraussetzung für eine erfolgreiche Operation ist die sorgfältige Auswahl der Patienten und die lebenslange Nachbetreuung“, betont Professor Lohmann. Daher sollten solche Operationen nur in interdisziplinären Zentren mit entsprechender Erfahrung erfolgen. Dort arbeiten Chirurgen, Internisten, Diabetologen, Psychologen und Ernährungsberater zusammen. Außerdem werden die Patienten dort in Registern erfasst und entsprechend nachuntersucht.

Experten diskutieren im Rahmen des Diabetes Kongress 2012, der 47. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft, in einem Symposium am 18. Mai 2012 die Pro- und Contra-Aspekte der bariatrischen Chirurgie bei Menschen mit Diabetes Typ 2. Professor Dr. med. Tobias Lohmann stellt das Thema vorher im Rahmen der Kongress-Pressekonferenz Pressevertretern näher vor.

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