Antidiabetika richtig anwenden
Antidiabetika richtig anwenden Einnahmezeit mit dem Essen abstimmenJede Klasse von Antidiabetika und jedes Insulin haben ihren optimalen Einnahme- bzw. Spritzzeitpunkt. Jede/r zehnte Typ-2-Diabetiker leidet aber auch unter Magenentleerungsstörungen, Übelkeit und Völlegefühl, die den Blutzuckerverlauf ändern. Daran muss auch die Anwendung der Antidiabetika angepasst werden. Sulfonylharnstoffe regen die Bauchspeicheldrüse an, mehr Insulin auszuschütten. Diese Wirkung heißt insulinotrop (auf Insulin gerichtet). Zu ihnen gehören langwirkende wie Glibenclamid, Glimepirid, Glibornurid und kurzwirkende wie Nateglinid und Repaglinid. “Bei insulinotropen Antidiabetika ist der Einnahmezeitpunkt möglichst exakt mit dem Beginn von Mahlzeiten abzustimmen”, betont der Pharmakologe Prof. Werner Weitschies aus Greifswald. Denn die Insulinausschüttung soll möglichst parallel zum steigenden Blutzucker verlaufen, so wie es beim Gesunden erfolgt. Beispiel Nateglinid: Nur bei Einnahme zehn Minuten vor der Mahlzeit flutet das schnell und kurz wirkende Glinid tatsächlich so rasch an, dass die physiologische, rapide Insulinfreisetzung bzw. Blutzuckersenkung hinreichend nachgeahmt wird. Schon bei Einnahme direkt (eine Minute) vor der Mahlzeit war in Studien der blutzuckersenkende Effekt deutlich verzögert. Glibenclamid wirkt hingegen wesentlich langsamer und länger. Die Einnahme ca. 30 Minuten vor der Mahlzeit führt nach ein bis zwei Stunden zu einen maximalen Blutspiegel an Glibenclamid und in der Folge an Insulin. Durch geschickte Adaptierung des Einnahmezeitpunktes an den Beginn der Mahlzeit lassen sich nach Weitschies Darstellung mit Sulfonylharnstoffen verbesserte Glukosespiegel nach dem Essen erzielen. Auch die Einnahme von Acarbose und von Metformin ist an den Essensbeginn anzupassen. Allein Glitazone können mahlzeitenunabhängig eingenommen werden. Hyperglykämie verzögert die Magenentleerung Wie schnell eine Tablette wirkt, hängt meist (auch) davon ab, ob sie zum Essen oder auf nüchternen Magen eingenommen wird. Die Magenentleerung dauert normalerweise ein bis vier Stunden. Ihre Geschwindigkeit ist umso größer, je flüssiger und je weniger kalorienhaltig der Mageninhalt ist. Eine schwere, fettreiche Mahlzeit liegt buchstäblich “schwer” und länger im Magen. Eine gleichzeitig eingenommene Tablette wirkt entsprechend verzögert; denn der Wirkstoff kann nicht aus dem Magen ins Blut übergehen, sondern erst aus dem Dünndarm. Für Diabetiker wichtig: Überhöhte Blutglukosespiegel verzögern generell die Entleerung von fester wie von flüssiger Nahrung aus dem Magen und damit auch die Wirkung von geschluckten Medikamenten. Bei Überzucker nehmen die Magenbewegungen (Motilität) ab, die den Speisebrei Richtung Dünndarm befördern; gleichzeitig verengt sich der Magenpförtner (Pylorus), der Schließmuskel zum Dünndarm. “Dies bedeutet, dass gerade bei Überzucker auch orale Antidiabetika später resorbiert werden”, erläuterte Prof. Hubert Moennikes aus Berlin. Ihre Wirkung setzt dann später ein. Das selbe passiert im Prinzip auch beim insulinabhängigen Diabetiker, wenn er Insulin spritzt. Bei verzögerter Magenentleerung driften die Insulinwirkung und die Nahrungsresorption auseinander (“missmatch”). In beiden Fällen ist die Einstellung des Blutzuckers erschwert.
|
Kategorisiert in: 2006, Nachrichten
Dieser Artikel wurde verfasst von admin