Studie zeigt: Frühe Diabetestherapie verhindert langfristig Komplikationen

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Wird nach der Diagnose Typ 2 Diabetes frühzeitig mit einer intensivierten Therapie begonnen, profitieren die Betroffenen noch viele Jahre später davon: Sie leben oft länger und besser. Das zeigt die Langzeitstudie UKPDS (United Kingdom Prospective Diabetes Study), deren Ergebnisse in der britischen Fachzeitschrift “The Lancet” veröffentlicht wurden. Die Forscher konnten nachweisen, dass ein früher Behandlungsbeginn noch mehr als zwei Jahrzehnte später positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Unter anderem sinkt das Risiko für Herzinfarkte und diabetesbedingte Komplikationen.

(11.10.2024) Die Langzeitstudie vergleicht zwei Gruppen von Menschen mit Typ-2-Diabetes: Eine Gruppe wurde sofort nach der Diagnose mit Sulfonylharnstoffen oder auch Insulin behandelt, um den Blutzucker schnell zu senken. Ziel waren Nüchternglukosewerte unter 6 mmol/l bzw. 108 mg/dl. Bei der anderen Gruppe bestand die Therapie zunächst nur aus einer Ernährungsumstellung. Bei diesen Patienten wurden hohe Nüchternglukosewerte (bis zu 15 mmol/l bzw. 270 mg/dl) in Kauf genommen. Erst wenn diese Werte überschritten wurden, erfolgte eine intensivierte Therapie.

Risiko für alle Todesursachen sank um 10 Prozent

Bereits nach zehn Jahren zeigten sich deutliche Unterschiede: Das Risiko für diabetesbedingte Komplikationen war in der intensiviert behandelten Gruppe um 12 Prozent und das Risiko für Herzinfarkte um 16 Prozent gesenkt. Eine Nachbeobachtung bestätigte nun, dass die Vorteile auch 24 Jahre später noch bestehen. Bei den intensiviert behandelten Patienten war das Risiko für alle Todesursachen um 10 Prozent niedriger, Herzinfarkte traten um 17 Prozent seltener auf und Komplikationen an kleinen Blutgefäßen waren um 24 Prozent reduziert. Die Wahrscheinlichkeit von Unterzuckerungen war in der intensiviert behandelten Gruppe aufgrund der blutzuckersenkenden Medikamente allerdings höher.

Die Ergebnisse sind umso bedeutsamer, wenn man bedenkt, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes im Durchschnitt bereits acht Jahre erkrankt sind, bevor die Diagnose überhaupt gestellt wird. Die behandelnden Ärzte können dies aus dem Krankheitsbild ableiten, da zum Zeitpunkt der Diagnose oft schon erste Folgeerkrankungen vorliegen. Häufig haben die Patienten bereits Probleme mit den Gefäßen, den Nieren oder den Augen, wenn Diabetes diagnostiziert wird.

Fachgesellschaft DDG fordert schon lange mehr Diabetes-Screening

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) fordert deshalb schon seit langem verstärkte Screening-Maßnahmen, um einen Typ-2-Diabetes frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Sie sieht sich durch die britische Langzeitstudie in dieser Position bestätigt und appelliert erneut an die Politik, im Rahmen der geplanten Krankenhausreform die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

Hintergrund: In Deutschland leben derzeit etwa 8,9 Millionen Menschen mit einem diagnostizierten Typ-2-Diabetes. Dazu kommt eine Dunkelziffer von schätzungsweise rund 2 Millionen Menschen, die noch nichts von ihrer Erkrankung wissen. Jährlich gibt es mehr als eine halbe Million Neuerkrankungen, was etwa 1.600 Neudiagnosen pro Tag entspricht. Zu Beginn der Corona-Pandemie waren diese Zahlen etwas niedriger, inzwischen liegen sie aber wieder auf dem Vor-Pandemie-Niveau. Ein weiterer Anstieg der Erkrankungszahlen ist wahrscheinlich.

Quellen:
Ärztezeitung
Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
Ärzteblatt
Deutsches Diabetes-Zentrum (DDZ)
diabinfo
The Lancet
eigene Recherche

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Dieser Artikel wurde verfasst von Thorsten Ferdinand