Diabetes und Knochengesundheit
Was ist „Osteoporose“?
Osteoporose ist eine Knochenerkrankung, bei der eine verminderte Knochenmasse und Knochenqualität zu einem erhöhten Knochenbruchrisiko führt. Osteoporose tut nicht weh, aber die daraus resultierenden Knochenbrüche tun weh; sie führen zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität und zu Bewegungseinschränkungen bis hin zur Invalidität und müssen unbedingt vermieden werden. Osteoporose gehört wie Diabetes zu den zehn häufigsten Volkskrankheiten. Und wie bei Diabetes nimmt die Häufigkeit mit dem Alter deutlich zu. Eine Studie aus dem Jahr 2021 zeigt, dass 22,6 % der Frauen und 6,6 % der Männer von Osteoporose betroffen sind. Bei den über 70-jährigen Frauen leidet fast die Hälfte an Osteoporose. Mehr als die Hälfte der Betroffenen erleidet innerhalb von vier Jahren mindestens einen Knochenbruch.Diabetes und Osteoporose: Verzweigtes Zusammenwirken
Beobachtungsstudien zeigen ein erhöhtes Osteoporose-Risiko bei Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes:
Die Ursachen für das erhöhte Risiko sind sehr komplex und nicht vollständig geklärt. Diskutiert werden u.a. Knochenqualität, Sturzrisiko, Krankheitsdauer und -schwere sowie Diabetesmedikation.
Konsequenzen für die Diabetesbetreuung: An Osteoporose denken!
Bei der Betreuung von Menschen mit Diabetes müssen Begleiterkrankungen erkannt und ggf. behandelt werden. Für die Facetten des „Metabolischen Syndroms“ Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen ist dies bereits etabliert. Seit einigen Jahren gilt dies auch für Lebererkrankungen (Leberverfettung, Fettleber, Leberzirrhose). Die aktualisierten Empfehlungen der Amerikanischen Diabetesgesellschaft (ADA: „Standards of Care in Diabetes – 2024“) geben erstmals konkrete Handlungsanweisungen für die Risikoabschätzung und Diagnostik der Osteoporose. Wie in der aktuellen deutschsprachigen Leitlinie zur Osteoporose (DVO: „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose“) erfolgt die Diagnosestellung in erster Linie in Abhängigkeit vom tatsächlichen individuellen Risiko und von Begleiterkrankungen (auszugsweise zitiert nach den amerikanischen Empfehlungen):- Das Frakturrisiko sollte bei älteren Erwachsenen mit Diabetes im Rahmen der Routineversorgung in der klinischen Praxis unter Berücksichtigung von Risikofaktoren und Komorbiditäten (siehe unten) beurteilt werden.
- Überwachung der Knochendichte mittels Dual-Energy-Röntgenabsorption (DXA-Messung) alle zwei bis drei Jahre bei gefährdeten älteren Menschen mit Diabetes (> 65 Jahre) und bei jüngeren Menschen mit Diabetes und mehreren Risikofaktoren.
- Beratung von Menschen mit Diabetes über ihre Kalzium- und Vitamin-D-Aufnahme, um sicherzustellen, dass sie die empfohlene Tagesdosis für Menschen mit Frakturrisiko erreichen, entweder durch die Ernährung oder durch Nahrungsergänzungsmittel.
- Behandler sollten bei der Auswahl von Medikamenten zur Senkung des Blutzuckerspiegels bei Menschen mit Diabetes mögliche negative Auswirkungen auf die Knochengesundheit berücksichtigen. Es wird empfohlen, Medikamente mit einem nachgewiesenen Sicherheitsprofil für die Knochen zu bevorzugen, insbesondere bei Patienten mit erhöhtem Frakturrisiko.
Risikobewertung: Was sind allgemeine und speziell diabetesbedingte Risikofaktoren?
Allgemeine Risikofaktoren sind:
- Alter (> 65 Jahre)
- niederes Gewicht
- familiäre Belastung (Verwandte ersten Grades)
- vorausgegangene Knochenbrüche
- wiederholte Stürze
- Alkohol- und Tabakkonsum
- Cortison-Therapie
- begleitendes Rheuma
- Resorptionsstörungen, z.B. Zöliakie („einheimische Sprue“), oder Magen-/Darm-Operationen – auch bariatrische Operationen
- Diabetesdauer > 10 Jahre (Typ-2-Diabetes)
- spezielle Diabetes-Medikamente: Insulin, Sulfonylharnstoffe, Glitazone
- HbA1c > 8% (64mmol/l)
- häufige Unterzuckerungen
Beispiel: 70-jährige Frau mit Diabetes mellitus Typ-1
- Allein durch Alter: 1,8% Knochenbruchrisiko
- Erhöhung durch begleitenden Diabetes Typ 1 (2,5-fach): 4,5% Knochenbruchrisiko
Fazit
- Osteoporose tritt häufiger bei Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes auf.
- Die Diagnose der Diabetesbegleiterkrankung „Osteoporose“ muss Bestandteil der regelmäßigen Diabetesbetreuung sein.
- Bei nachgewiesen erhöhtem Frakturrisiko muss ein speziell angepasster Therapieplan erstellt und die Therapiekontrolle sichergestellt werden.
Kategorisiert in: Allgemein, Wissen
Dieser Artikel wurde verfasst von Sebastian Zink