Diabetes Typ 1: Bericht über geheilte Patientin wirft Fragen auf

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Für Aufsehen sorgten kürzlich Berichte über die Heilung einer chinesischen Patientin mit Diabetes Typ 1. Der jungen Frau wurden insulinproduzierende Inselzellen in die Bauchmuskeln implantiert, die nun seit mehr als einem Jahr ihren Dienst tun. Sie muss daher kein Insulin mehr spritzen. Allerdings wird sie wegen einer früheren Organtransplantation mit Medikamenten behandelt, die das Immunsystem unterdrücken. Es bestehen daher Zweifel, ob die insulinproduzierenden Zellen auch ohne diese starken Medikamente überlebt hätten.

(25.10.2024) Im Rahmen einer Studie in Peking injizierten Forscher der 25-jährigen Patientin mit Typ-1-Diabetes im Juni 2023 so genannte Inselzellen, die der Insulinproduktion dienen. Diese wurden aus eigenen Stammzellen der Frau hergestellt. Mehr als ein Jahr nach der Transplantation produzieren die Zellen immer noch in ausreichender Menge Insulin, so die Studienergebnisse. Die Frau gilt deshalb als geheilt.

Ergebnisse lassen sich nicht verallgemeinern

Ob es sich dabei um einen großen Durchbruch in der Diabetestherapie handelt, ist allerdings noch nicht abschließend zu beurteilen. Mehrere Diabetesforscher aus anderen Ländern haben sich bereits skeptisch geäußert. Die Frau lebte schon vor der Behandlung mit einer transplantierten Leber und muss deshalb Medikamente einnehmen, die ihr Immunsystem unterdrücken. Ob die implantierten Inselzellen ohne diese Immunsuppressiva überlebt hätten, ist unklar.

Internationale Forscher erwarten nun Belege, dass die Methode bei anderen Patienten erfolgreich wiederholt werden kann. Vorher ließen sie sich nicht verallgemeinern. Zudem sei der Zeitraum seit der Transplantation der Inselzellen noch zu kurz, um von einer dauerhaften Heilung der Patientin sprechen zu können, heißt es.

Schon seit Jahren Forschung zur Heilung durch Transplantation

Hintergrund: Typ 1 Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei der die Inselzellen der Betroffenen vom eigenen Immunsystem zerstört werden. Die Patienten müssen deshalb in der Regel lebenslang Insulin spritzen. Versuche, die Betroffenen durch eine Transplantation zu heilen, gibt es schon seit Jahren. Die Nebenwirkungen der Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken, sind jedoch so stark, dass eine Therapie mit fremden Spenderzellen in den meisten Fällen als unverhältnismäßig angesehen wird.

Da es zudem an Spenderzellen mangelt, versuchen Forscher seit einigen Jahren, aus Stammzellen neue Inselzellen herzustellen. Dies ist bereits mit embryonalen Stammzellen gelungen, aber auch diese werden ohne Immunsuppressiva vom Körper abgestoßen. Zur Lösung dieses Problems gibt es schon Forschungsansätze, aber noch keinen großen Durchbruch.

Herstellung der Inselzellen ist noch sehr aufwendig und teuer

Bei der Verwendung von adulten Stammzellen bleibt noch abzuwarten, ob sie nach der Transplantation dauerhaft überleben. Die Autoimmunerkrankung Diabetes Typ 1 ist mit der Transplantation wohl nicht geheilt. Es ist daher wahrscheinlich, dass auch die neuen Zellen früher oder später wieder vom eigenen Immunsystem angegriffen und zerstört werden. Da die Herstellung von Inselzellen aus körpereigenen Stammzellen zudem sehr aufwendig und teuer ist, wird es wohl noch einige Zeit dauern, bis diese Behandlungsform eine echte Alternative zur Diabetestherapie mit Insulin wird – denn auch diese ist dank moderner Medikamente und Hilfsmittel inzwischen sehr gut.

Quellen:
Nature
Apotheken Umschau
ARD Tagesschau
Diabetes Anker
Forschung und Wissen
Cell Journal
eigene Recherche

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Dieser Artikel wurde verfasst von Thorsten Ferdinand