Genetische Veranlagung zum Diabetes mellitus Typ 2
Befinden sich in einer Familie Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 ist das Risiko selbst einen Diabetes zu bekommen erhöht. Haben beispielsweise beide Elternteile Diabetes mellitus Typ 2, so liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder ebenfalls an diesem Typ Diabetes erkranken bei 70 – 80%. Ist ein Elternteil betroffen, so beträgt das Risiko für das Kind bis zu 60%. Der Diabetes mellitus Typ 2 hat somit eine genetische Grundlage.Typ-2-Diabetes: Bewegungsmangel und Übergewicht machen krank
Insulin ist für bestimmte Körperzellen ein Signal, Zucker (Glukose) aus dem Blut aufzunehmen und zu verarbeiten. Damit dieses Signal empfangen wird, lagert sich das Insulin an speziellen Bindungsstellen (Insulinrezeptoren) auf der Zelloberfläche an. Bei einer Insulinresistenz reagieren diese Zellen weniger auf Insulin. Um die Blutzuckerspiegel konstant zu halten wird mir Insulin aus den Betazellen ausgeschüttet. In der Folge steigen die Insulinspiegel im Blut (Hyperinsulinismus). Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 haben somit bereits vor Beginn des Ausbruchs der Erkrankung und im Anfangsstadium der Erkrankung deutlich höhere Insulinspiegel als gesunde Patienten.Erhöhte Insulinspiegel führen langfristig zu einer Erschöpfung der Insulinproduktion in den Betazellen der Bauchspeicheldrüse. Langfristig entsteht daher ein Insulinmangel und die Blutzuckerwerte steigen weiter an. Die Basis der Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 besteht daher in einer Umstellung der Lebensweise, d.h. Gewichtsreduktion und mehr Bewegung.
Die Neigung zu Diabetes mellitus Typ 2 wird vererbt. Hinzu kommen auslösende Faktoren wie Bewegungsmangel, kalorienreiche Ernährung, Übergewicht, in geringerem Ausmaß u.a. auch Stress, bestimmte Medikamente und Infektionen. Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer Insulinresistenz. Mit vermehrter körperlicher Aktivität, kalorienarmer Ernährung und Gewichtsabnahme kann der Zeitpunkt der Erkrankung hinausgezögert und der Verlauf der Erkrankung erheblich gemildert werden.
Die Insulinresistenz entwickelt sich meist langsam
Das hat zur Folge, dass der Zuckerspiegel meist unbemerkt im Blut ansteigt. Oft beginnt eine messbare Zuckerstoffwechselstörung mit leicht erhöhten morgendlichen Nüchtern-Blutzuckerwerten oder erhöhten Blutzuckerwerten nach dem Essen. Ab einem morgendlichen Nüchternwert von 110 mg/dl (venöses Plasma) spricht man von einem gestörten Nüchternblutzucker, ab Nüchternwerten von 126 mg/dl handelt es sich um einen Diabetes. Die Diagnose stellte der Arzt.Diabetes mellitus Typ 2 – eine Erkrankung mit vielen Ursachen
Das wesentliche Problem ist trotz der vielen unterschiedlichen Ursachen das Übergewicht und der Bewegungsmangel.
Was trägt alles zum Entstehen eines Diabetes mellitus Typ 2 bei?
In obiger Abbildung sind die veränderten Stoffwechselvorgänge beim Diabetes mellitus Typ 2 dargestellt. Werden über eine Mahlzeit Kohlenhydrate zugeführt, entsteht im Magen zunächst ein Speisebrei und die Kohlenhydrate gelangen dann in den Dünndarm und werden dort aufgenommen. Der Magen selbst nimmt nur wenige Kohlenhydrate auf. Im Dünndarm werden durch den Speisebrei gastrointestinale Hormone (GLP-1 und GIP) ausgeschüttet. Diese gastrointestinalen Hormone verursachen über einen Reflexweg über den Hypothalamus eine Insulinausschüttung aus den Betazellen des Pankreas. Das Insulin senkt den Blutzucker. Gleichzeitig wird das Glukagon aus den Alphazellen des Pankreas unterdrückt. Glukose ist in der Leber in Form von Glykogen gespeichert. Das Hormon Glukagon stimuliert den Abbau von Glykogen in der Leber und die Leber kann dann Glukose in den Kreislauf abgeben. Wenn die gastrointestinalen Hormone das Glukagon unterdrücken, wird weniger Glukose in den Kreislauf abgegeben. Die Wirkung der gastrointestinalen Hormone wird als Inkretineffekt bezeichnet. Werden zu wenig GLP-1 und GIP durch den Speisebrei freigesetzt, steigt der Blutzucker an. Zusätzlich findet sich beim Diabetes mellitus Typ 2 noch ein Defekt in den Betazellen (Betazelldefekt). Es wird nicht genügend Insulin ausgeschüttet, um den Zucker zu normalisieren. Am Muskel selbst finden sich Rezeptoren für das Hormon Insulin, die dafür sorgen, dass die Glukose in den Muskel aufgenommen wird. Beim Diabetes mellitus Typ 2 besteht eine Insulinresistenz, sodass eine größere Menge Insulin benötigt wird, damit die Glukose in die Muskelzelle aufgenommen werden kann. Kann die Betazelle den erhöhten Insulinbedarf nicht zur Verfügung stellen, steigt der Blutzucker an. Sind die Blutzuckerwerte über 180 mg % wird die Glukose über die Niere ausgeschieden. Die Niere ist somit ein weiteres wichtiges Organ für die Blutzuckerregulation. In der Niere und in der Leber wird bei niedrigen Blutzuckerwerten Glukose neu gebildet (Glukoneogenese) und in den Kreislauf abgegeben.Im Folgenden sind die einzelnen Stoffwechselvorgänge, die zum Diabetes mellitus Typ 2 beitragen genauer beschrieben.
Inkretineffekt – Hormonstörung im Darm
Bei der Zufuhr von Kohlenhydraten werden im Dünndarm in der Darmschleimhaut die Hormone GIP und GLP-1 Hormone freigesetzt. Diese so genannten Inkretinhormone wirken auf einen Rezeptor auf den Nerven des autonomen Nervensystems in der Darmschleimhaut. Dadurch wird ein Reflexweg über den Hypothalamus (eine Schaltzentrale im Gehirn) aktiviert. Die Nerven dieses autonomen Nervensystems wirken auf die Betazellen (verlinken auf Kapitel Was ist ein Diabetes mellitus Typ 1?) in den Inseln des Pankreas und sorgen für eine sofortige Insulinfreisetzung. Damit steht mit der Nahrungsaufnahme sofort ausreichend Insulin zur Verfügung, damit die Glukose in die Zellen aufgenommen werden kann und die Blutzuckerspiegel konstant bleiben. Gleichzeitig unterdrücken die Inkretinhormone die Glukagonfreisetzung aus den Alphazellen der Inseln. Glucagon sorgt dafür, dass Glukose aus der Leber freigesetzt wird. Glucagon ist daher wichtig um den Blutzuckerspiegel konstant zu halten. Das Insulin aus den Betazellen wirkt direkt auf die benachbarten Alphazellen und unterdrückt die Glukagonfreisetzung, damit bei Nahrungsaufnahme die Blutzuckerspiegel nicht noch durch Glukagon vermittelte Freisetzung von Glukose aus der Leber erhöht werden. Da Patienten mit Typ 2 eine unzureichende Insulinausschüttung haben, haben sie auch eine unzureichende Glukagonunterdrückung während der Nahrungsaufnahme.Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 ist der Inkretineffekt gestört. Nehmen Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 Kohlenhydrate zu sich, werden weniger GIP und GLP-1 im Dünndarm freigesetzt und die Insulinfreisetzung aus den Betazellen der Inseln ist geringer als bei Gesunden. Es besteht somit ein relativer Insulinmangel, der zu der Erhöhung der Blutzuckerspiegel beiträgt. Durch den Insulinmangel wird auch Glukagon nicht mehr ausreichend unterdrückt. Dadurch wird Glukose aus der Leber freigesetzt, obwohl Kohlenhydrate über die Nahrung zugeführt werden. Dies erhöht zusätzlich den Blutzuckerspiegel.
Die Entdeckung des Inkretineffekt durch Michael Nauck führte zur Entwicklung von neuen Medikamenten. Man hat analoge Substanzen zu GLP-1 entwickelt, die den verminderten Inkretineffekt bei Patienten mit Typ 2 Diabetes teilweise wieder ausgleichen können. Da es sich hier um Peptide handelt, müssen diese ins Unterhautfettgewebe gespritzt werden. Peptide sind kleine Eiweißmoleküle und werden im Magen verdaut. Eine Tablette ist bei diesen Wirkstoffen daher nicht möglich.
GLP-1 wird innerhalb von 1 bis 2 min durch Enzyme, die DPP-4 (Dipetylpeptitase-4) abgebaut. Es wurde eine weitere Gruppe von Medikamenten entwickelt, die diesen Abbau verhindern. Dadurch werden die Spiegel von GLP-1 in der Darmschleimhaut und im Blut erhöht. Dies führt dazu, dass der verminderte Inkretineffekt bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 wieder teilweise ausgeglichen wird. Insulin wird bei Nahrungsaufnahme wieder mehr freigesetzt und Glucagon wird wieder stärker unterdrückt, was insgesamt zu einer Senkung der Blutzuckerspiegel führt.
Ein weiterer Effekt der Inkretinhormone über den Reflexweg des autonomen Nervensystems ist die Verzögerung der Magenentleerung. Durch diese Verzögerung der Magenentleerung wird das Hungergefühl gedämpft. Findet die Verzögerung der Magenentleerung nicht statt, wird der Mensch wesentlich mehr essen.