IQWiG-Produkte exportieren: Auch das noch!
Wenn man etwas Gutes hört, freut man sich. Man sollte sich auch dann freuen, wenn Gutes über jemanden berichtet wird, den man nicht so gern mag. So erging es mir neulich bei einer Mitteilung, die das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) über sich selbst in die Presse gab: “Nationaler britischer Gesundheitsdienst bescheinigt IQWiG hohen internationalen Standard.” (Pressemitteilung des IQWiG vom 22.06.07) Aber dann wurde ich doch wieder misstrauisch: Also, schon mal sich selbst zu loben! Insbesondere beim IQWiG mag ich das nicht. Das IQWiG erzeugt mit seinen falschen Beurteilungen der von dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gestellten Fragen so viel Unglück – zumindest auf dem Diabetessektor nach Meinung des Deutschen Diabetiker Bundes (DDB), nach Meinung vieler Betroffener, nach Meinung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), nach Meinung vieler von mir, unabhängig von dieser Frage, persönlich geschätzter Wissenschaftler, und auch nach meiner eigenen Anschauung (im folgenden Text werde ich diese Formulierung durch die Abkürzung “zumindest auf dem Diabetessektor …” zusammenfassen). Dieses Unglück wird nun vergrößert durch die Verbreitung der “zumindest auf dem Diabetessektor …” erfolgten Fehlbeurteilung im Rahmen der Patienteninformation www.gesundheitsinformation.de, die das IQWiG ins Netz gestellt hat. Dieser Text, ins Englische übertragen, kann unter www.informedhealthonline.org abgerufen werden. Begründet wird in der Pressemitteilung des IQWiG die Übersetzung der Patienteninformation ins Englische mit einer denkwürdigen Überlegung. Zitat von Prof. Sawicki in dieser Mitteilung: “Dieses Wissen war bislang aber häufig nur in englischer Sprache verfügbar. Wer kein Englisch verstand, war deshalb benachteiligt.” Es ist in der Tat leider so, dass vieles Wissen nur in englischer Sprache verfügbar ist. Aber ich würde ja dann dazu übergehen, entscheidende Texte aus der internationalen Literatur ins Deutsche zu übersetzen, damit es hier alle lesen können. Nicht so Prof. Sawicki, Zitat: “Dass der NHS (National Health Service, Anm. d. Red.) nun die Angebote unserer Website übernimmt, zeigt, dass wir dazu beigetragen haben, diese Situation zu verbessern”. Wieso die Situation dadurch, dass er die Patienteninformation ins Englische übersetzen lässt, verbessert wurde, bleibt das Geheimnis von Prof. Sawicki. Mein Zuruf an dieser Stelle wäre: Andersherum, Herr Prof. Sawicki, andersherum wird ein Schuh daraus! Da wir ja, wie alle wissen, ein Einwanderungsland sind, erscheint es nur natürlich, dass diese aus Sicht des Gesetzgebers so wichtige, aber leider “zumindest auf dem Diabetessektor …” falsche Information in eine ausländische Sprache übersetzt wird. Ich hätte erwartet, dass hier vielleicht der Text ins Türkische (weil höchster Anteil an Zugewanderten mit ausländischen Hintergrund) übersetzt wird. Auch entstammen die meisten Immigranten, die in unsere Krankenkassen einzahlen, dem türkischsprachigen Raum. Das wäre also, für sich genommen, sinnvoll. Schließlich wird das IQWiG letztendlich zu Lasten unserer Krankenkassenbeiträge bezahlt. Aber weit gefehlt. Der Text wird ins Englische übersetzt, und steht so der Englisch sprechenden Weltgemeinschaft zur Verfügung. Was die damit soll, ist mir angesichts der Tatsache, dass Deutschland aufgrund der “zumindest auf dem Diabetessektor …” falschen Einschätzung des IQWiG meines Wissens das einzige Land auf der Welt ist, in dem ernsthaft behauptet wird, dass Diabetiker die kurzwirksamen Insulinanaloga nicht benötigten, schleierhaft. Wir spekulieren einmal über die Frage, was das soll: Die Briten sind durch ihre eigenen Informationssysteme vielleicht nicht ausreichend informiert? Das NHS kann sich nun Verstärkung holen und gibt dem IQWiG so Gelegenheit, sich selbst zu loben. Was dieser praktisch von unseren Krankenkassenbeiträgen gezahlte Service sonst für die Diabetiker in Großbritannien, das diesen Service, zumindest für die Diabetiker, gar nicht braucht, da man ja dort im Gebrauch von Analoga nicht behindert wird, wert ist, mag jeder für sich ausrechnen. Lassen Sie uns zum Schluss noch einen Blick direkt auf die ins Englische übertragenen Seiten: www.informedhealthonline.org werfen. Wie wird denn die Problematik mit den kurzwirksamen Insulinanaloga für den britischen Interessierten dargestellt, die in der deutschen Variante www.gesundheitsinformation.de in der uns allen bekannten logisch falschen Art: “es wurde vom IQWiG kein Nutzen gefunden, daher gibt es auch keinen” abgehandelt wird? Bitte sehen Sie selbst nach, lieber Leser: Das Kapitel Insulin, das im Inhaltsverzeichnis des deutschen Textes leicht zu finden ist, fehlt! Jedenfalls am 22.08.07, als ich zuletzt danach suchte. Es hapert überhaupt an Ausführungen zum Thema Diabetes, die in der deutschen Ausgabe ausführlich in gewohnter “zumindest auf dem Diabetessektor …” falscher Weise enthalten sind. Was bedeutet das? Das kann doch nur bedeuten, dass dieser Teil der Arbeit nicht für den britischen Leser geeignet ist. Es scheint sich hier um eine selektive Form der wissenschaftlichen Anerkennung zu handeln, wenn Teile der Arbeit des IQWiG in Großbritannien angenehm sind, andere aber nicht, in auffallender Weise gerade die Darstellung der kurzwirksamen Analoga bei Typ 2 Diabetes. Könnte es sein, dass man in Großbritannien diese Arbeit des IQWiG in gleicher Weise bewertet wie wir im DDB: Man will sie nicht haben! Prof. Hermann von Lilienfeld-Toal Landesvorsitzender Deutscher Diabetiker Bund Hessen Anhang: Original der Mitteilung auf der Website des IQWiG:NHS übernimmt IQWiG-Patienteninformationen – Nationaler britischer Gesundheitsdienst bescheinigt IQWiG hohen internationalen Standard
Die vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) herausgegebenen Gesundheitsinformationen für Bürger und Patienten, werden seit neuestem vom nationalen britischen Gesundheitsdienst NHS empfohlen. Die jetzt freigeschaltete Website “NHS Choices” (choices =Wahl) verweist auf Informationen von der englischsprachigen Ausgabe der IQWiG-Website (www.gesundheitsinformation.de / www.informedhealthonline.org), wenn sich hier Informationen zu eingegebenen Suchbegriffen finden.
“NHS Choices” hat insgesamt 17 solcher “Knowledge Partners”, das Kölner Institut ist allerdings der einzige, der aus dem Ausland kommt. Ziel ist es, qualitativ hochwertige Gesundheitsinformationen besser zugänglich und nutzbar zu machen. Das britische Portal möchte zentrale Anlaufstelle sowohl für interessierte Bürger als auch für Ärzte und andere Mitarbeiter des Gesundheitswesens werden.
“Die vom IQWiG bereitgestellten Informationen entsprechen den höchsten internationalen Standards. Deshalb sind wir froh, das Institut als “Knowledge Partner” begrüßen zu dürfen”, erklärte Sir Muir Gray, Leiter des “NHS Knowledge Service”, anlässlich der Freischaltung der neuen Website. “Unabhängige und evidenzbasierte, d.h. durch wissenschaftliche Studien belegte Informationen zur Verfügung zu stellen, ist notwendig als Unterstützung für Patienten, die umsichtig und selbstbestimmt medizinische Dienstleistungen auswählen und diese optimal nutzen möchten”, so Gray weiter.
Auch für IQWiG-Chef Peter Sawicki ist diese Entwicklung ein wegweisender Schritt. Patienten über gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse auf dem Laufenden zu halten, ist eine der zentralen Aufgaben des IQWiG. “Dieses Wissen war bislang aber häufig nur in englischer Sprache verfügbar. Wer kein Englisch verstand, war deshalb benachteiligt. Dass der NHS nun die Angebote unserer Website übernimmt, zeigt, dass wir dazu beigetragen haben, diese Situation zu verbessern.”
Das jüngste Gesundheitsreformgesetz (GKV-WSG) hat zum einen dem Institut ausdrücklich aufgetragen, nach den Methoden der so genannten evidenzbasierten Medizin zu arbeiten und zum anderen seine Informationsaufgaben ausgeweitet.
Kontakt: Tel. 0221-35685-0, info@iqwig.de
Weiterführende Informationen: www.nhs.uk