(7.8.2021) Wenn Frauen mit Kinderwunsch nicht schwanger werden können, dann suchen sie meist bei ihrer Gynäkologin bzw. ihrem Gynäkologen Rat. Grund für die ungewollte Kinderlosigkeit kann allerdings auch eine komplexe Störung des hormonellen Regelkreises ein, die in die Hände von Endokrinologen und Diabetologen gehört: das Polyzystische Ovarsyndrom (POCS). Die Symptome sind bei vielen Frauen auch äußerlich erkennbar, in Form einer “Vermännlichung” ihres Körpers. Kosmetische Probleme können auftreten, wie vermehrte Körperbehaarung, scheitelbetonter Haarausfall oder Akne. Auch eine unregelmäßige und seltene oder ausbleibende Regelblutung kann auf ein Polyzystisches Ovarsyndrom hindeuten. Das POCS trifft vor allem übergewichtige Frauen.
Wie wird die Diagnose Polyzystisches Ovarsyndrom gestellt?
Beim Polyzystischen Ovarsyndrom ist unter anderem die Balance der Geschlechtshormone gestört – es kommt zu einem Überschuss an männlichen Hormonen (Testosteron, Androstendion, DHEAS, 17-Hydroxy-Progesteron), der im Blutbild festgestellt werden kann. Aufschluss gibt auch die Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke. Hier ist bei den Betroffenen in über 70 Prozent der Fälle eine typische perlschnurartige Anreihung der Eibläschen sichtbar. „Diese vielen kleinen Zysten haben der Erkrankung den Namen gegeben“, sagt Privat-Dozentin Dr. med. Susanne Reger-Tan, Leiterin des Diabeteszentrums Diabetologikum DDG der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel an der Universitätsklinik Essen.Polyzystisches Ovarsyndrom geht oft mit Typ 2 Diabetes einher
Weniger bekannt ist der Zusammenhang zwischen POCS und Typ-2-Diabetes. Viele Patientinnen leiden an starkem Übergewicht, das trotz aller Anstrengungen nicht weichen will. Dies liegt an einer parallel auftretenden Insulinresistenz. „Die reduzierte Empfindlichkeit der Körperzellen, auf Insulin zu reagieren, führt zu einem Überschuss an Insulin im Blut“, erklärt Susanne Reger-Tan. Der wiederum stimuliert die weitere Gewichtszunahme und verstärkt den Überschuss männlicher Hormone. Damit beginnt ein schwer zu durchbrechender Teufelskreis aus Insulinresistenz, Gewichtszunahme, noch mehr männlichen Hormonen und weiterer Abstumpfung der Körperzellen gegenüber Insulin. In der Folge drohen metabolische Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes schon in jungen Jahren sowie Schwangerschaftsdiabetes.Therapie sollte sich an den Symptomen orientieren
Das Polyzystische Ovarsyndrom war ein Thema der gemeinsamen Online-Pressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) im Juni 2021. Dabei gingen die Expertinnen und Experten auch auf die Therapie zur Behandlung der Erkrankung ein. „Die optimale Behandlungsstrategie orientiert sich an den vorliegenden Symptomen und an dem individuellen Leidensdruck der betroffenen Frau. In jedem Fall sollte sie auch Konzepte zur Vermeidung von langfristigen Komplikationen wie Diabetes beinhalten“, fasste Susanne Reger-Tan zusammen. Dazu gehöre die konsequente Abklärung, Überwachung und gegebenenfalls Therapie möglicher Stoffwechsel-Erkrankungen, so die Endokrinologin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin. Behandelt werde könne mit dem bewährten Antidiabetikum Metformin, aber auch mit neueren Anti-Diabetes/Adipositas- Medikamenten – wie die sogenannten GLP-Rezeptor-Agonisten oder Inkretin-Analoga und die SGLT2-Inhibitoren.Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) erarbeiten derzeit zusammen mit anderen Fachgesellschaften eine gemeinsame nationale Leitlinie zur Therapie des Polyzystischen Ovarsyndroms, die 2023 erscheinen soll.
Weitere Informationen erhalten Betroffene auch bei der PCOS Selbsthilfe Deutschland e.V.
Informationen zu den genannten Medikamenten finden Sie hier auf diabetes news.
Quelle: Medieninformation der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE), Juni 2021