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Kleinkinder mit Diabetes erhalten nur selten AID-Systeme

© Oksana Kuzmina - fotolia.com

Wenn bei Kleinkindern Typ-1-Diabetes diagnostiziert wird, stellt dies die Eltern noch immer vor große Herausforderungen. Systeme zur automatisierten Insulindosierung (AID) können die Erziehungsberechtigten entlasten und die Stoffwechseleinstellung der jungen Patienten verbessern – doch gerade für diese Altersgruppe ist der Zugang zu moderner Technologie erschwert, wie die DDG kritisiert. Die Fachgesellschaft fordert für sei einen leichteren und schnelleren Zugang zu den Systemen.

(28.11.2024) Die Diabetes-Behandlung hat sich in den letzten Jahren insbesondere durch technischen Fortschritt deutlich verbessert. Bei Menschen mit Diabetes Typ 1, die regelmäßig Insulin verabreichen und ihre Gluksewerte kontrollieren müssen, kommen immer häufiger so genannte AID-Systeme (Systeme zur automatisierten Insulindosierung) zum Einsatz. Sie werden manchmal auch als „künstliche Bauchspeicheldrüse“ bezeichnet, da sie Insulinpumpen und kontinuierliche Glukosemessung (CGM) kombinieren und selbstständig die Insulindosierung anpassen.

Studien zeigen, dass Patienten, die ein solches Hybrid-Closed-Loop-System (HCL) verwenden, mehr Zeit im Zielbereich aufweisen, während sich gleichzeitig der Aufwand für das Diabetes-Management reduziert. Von diesen Vorteilen sollten nach Ansicht der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) auch Kleinkinder und ihre Eltern profitieren, was bisher jedoch nur selten der Fall ist, da nur wenige Systeme für diese Altersgruppe zugelassen oder praktikabel sind.

Kinder profitieren oft später von medizinischem Fortschritt

Die Zulassungsvoraussetzungen für Hilfsmittel und Medikamente, die bei Kleinkindern zum Einsatz kommen, sind besonders streng. „Wie in allen Bereichen der Medizinprodukte und Arzneimittelentwicklung werden die Systeme oft zunächst für Erwachsene oder ältere Kinder und Jugendliche überprüft“, erklärt die DDG. In der Praxis kann das dazu führen, dass Kleinkinder später als andere Altersgruppen vom medizinischen Fortschritt profitieren, obwohl er ihnen besonders helfen würde. Da Kleinkinder in der Regel nur geringe Insulinmengen benötigen und ihr Ess- und Bewegungsverhalten schwer vorhersehbar ist, ist bei ihnen die Glukoseeinstellung erschwert.

Nutzen der Technik durch Studien bereits belegt

Der Nutzen der neuen Technologien wurde indes schon mehrfach belegt. Im Jahr 2023 beispielsweise veröffentlichte das New England Journal of Medicine eine internationale Studie, in der AID-Systeme mit einer sensorunterstützten Pumpentherapie verglichen wurden, bei der die Eltern die Insulinzufuhr für ihre Kinder manuell anpassten. Die Ergebnisse waren eindeutig: Bei Kleinkindern mit AID-Systemen stieg die Zeit im Zielbereich von durchschnittlich 56,7 Prozent zu Beginn der Studie auf 69,3 Prozent, während sie in der Kontrollgruppe unverändert blieb.

Neben den positiven Auswirkungen auf die Stoffwechsellage der Kinder betonen Experten auch den Nutzen für die Eltern: Sie werden im Diabetes-Management entlastet und müssen seltener eingreifen. Vor allem nächtliche Stoffwechselentgleisungen treten mit AID-Systemen seltener auf.

Bedienung muss sorgfältig erlernt werden

Kritik übt die DDG in diesem Zusammenhang auch an den Krankenkassen, die Anträge auf Kostenübernahme häufig ablehnen, selbst wenn die Systeme zugelassen sind. So werde bei Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes jeder dritte Antrag auf eine Insulinpumpe zunächst abgelehnt, heißt es. Auch hier sieht die Fachgesellschaft Verbesserungsbedarf.

Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Bedienung der modernen Systeme in Schulungen erlernt werden muss. Insbesondere bei Kleinkindern ist es zudem wichtig, die Funktionsfähigkeit regelmäßig zu überprüfen, damit es bei einem Ausfall nicht zu schweren Stoffwechselentgleisungen kommt. Ohnehin können die Systeme das manuelle Diabetesmanagement bislang nicht vollständig ersetzen, da die Insulindosis zu den Mahlzeiten weiterhin manuell ausgelöst werden muss. Vor diesem Hintergrund kann der Begriff „künstliche Bauchspeicheldrüse“ irreführend sein. Treffender ist die Bezeichnung halbgeschlossenes System der Insulinversorgung (Hybrid-Closed-Loop-System).

Quellen:
Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
Ärztezeitung
Pharmazeutische Zeitung
Uniklinikum Leipzig
Diabetiker Niedersachsen
The New England Journal of Medicine
Breakthrough T1D
eigene Recherche

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