Die neue Leitlinie „Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen“ sieht vor, dass eine Magen-OP bei stark übergewichtigen Typ-2-Diabetikern künftig schneller möglich sein soll. Bisher wird die Kostenübernahme seitens der gesetzlichen Krankenkassen häufig abgelehnt.
Etwa ein Viertel der Bevölkerung ist stark übergewichtig
Über die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland hat Übergewicht, ein Viertel der Bevölkerung ist adipös und damit krankhaft übergewichtig. Häufig kommt bei Betroffenen noch ein Typ-2-Diabetes hinzu, der das Risiko für Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall stark erhöht. Für diese Patienten kann eine Magen-OP die Lösung sein. Doch die gesetzlichen Krankenkassen lehnen die Kostenübernahme bisher häufig ab mit der Begründung, eine Gewichtsabnahme sei auch auf “normale” Weise möglich.
Kein Nachweis mehr erforderlich, dass alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind
Nun kann Patienten mit einem Body-Mass-Index (BMI) über 40 kg/m² zur Verbesserung des Stoffwechsels künftig schneller zur Magenoperation geraten werden. Sie brauchen keinen Nachweis mehr erbringen, dass die Möglichkeiten der Gewichtsregulierung ausgeschöpft sind und nur noch die metabolische Operation helfen kann. Bei einem BMI über 50 kg/m² ohne Begleiterkrankungen kann ebenfalls sofort operiert werden.
Aktualisierte Leitlinie „Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen“
Diese Empfehlung ist ein zentraler neuer Punkt der aktualisierten S3-Leitlinie „Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen“, an der die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) mitgewirkt hat. Erstmals wurde hierbei die metabolische Chirurgie berücksichtigt. Zu den Standardverfahren zählen die Magen-Bypass-Operation – dabei wird der Magen durch einen Teil des Dünndarms überbrückt – sowie Verkleinerungen des Magenvolumens zu einem sogenannten Schlauchmagen. Künftig steht bei diesen Operationen weniger der alleinige Gewichtsverlust im Vordergrund, sondern eine Verbesserung des Stoffwechsels und Gesundheitszustandes zugunsten der Lebensqualität und Lebenserwartung. „Diese Richtungsänderung ermöglicht, die Kostenübernahme metabolischer Operationen einfacher und patientenorientierter zu gestalten, die hoffentlich zur Regelleistung der Gesetzlichen Krankenkassen werden“, betont DDG-Präsident Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland. Die Leitlinie sei ein Instrument zur Optimierung der Behandlung von Adipositas und metabolischen Erkrankungen, insbesondere des Typ-2-Diabetes.
Magen-OP als effektive antidiabetische Therapie
„Für krankhaft übergewichtige Diabetespatienten kann die Operation ein lebensrettender Ausweg aus einem langen Martyrium sein“, sagt Professor Dr. med. Jens Aberle, Ärztlicher Leiter des Adipositas-Centrums am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Co-Autor der Leitlinie. Bei schwerer Adipositas gelingt es nur in wenigen Einzelfällen, durch Ernährungsumstellung und mehr Bewegung das Gewicht zu reduzieren – und somit auch das hohe Risiko für Bluthochdruck, Herzerkrankungen und Nierenschäden. „Die metabolische Chirurgie ist für Patienten mit schwer kontrollierbaren Blutzuckerwerten daher eine effektive antidiabetische Therapie“, betont Aberle. Sie vermeidet zudem hohe Kosten für das gesamte Gesundheitssystem, die durch die Behandlung der Adipositas bedingten Folgeerkrankungen entstehen.
Laut Leitlinie ist die strukturierte Nachsorge durch Experten auch nach dem operativen Eingriff bedeutend. Dazu zählen die Kontrolle der Gewichtsentwicklung, der Laborwerte und des Ernährungsverhaltens sowie die Teilnahme an Selbsthilfegruppen und eine psychologische Begleitung.
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Quellenangaben:
AWMF-Register Nr. 088-001 (2018); S3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/088-001l_S3_Chirurgie-Adipositas-metabolische-Erkrankugen_2018-02.pdf
Quelle: Presseinformation der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) vom 4.7.18