Essstörungen bei Diabetes oft unentdeckt
Sie spritzen bewusst weniger Insulin oder hungern, um schlank zu sein: Etwa doppelt so viele junge Typ-1-Diabetikerinnen als gesunde Frauen im gleiche Alter leiden unter einer Essstörung. Nach außen ist das nicht immer ersichtlich, denn die klassischen Symptome fehlen oft – und die Betroffenen entwickeln eine Routine, ihr Verhalten zu kaschieren. Häufig hängt die Essstörung mit Selbstwertproblemen zusammen und beginnt im Jugendalter. „Also dann, wenn sich die Betroffenen intensiv mit sich selbst auseinandersetzen“, erklärt Prof. Dr. med Stephan Herpertz, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Bochum. Er hat am 11. Juni 2015 Fragen zu diesem Thema in einem Chat von diabetesDe beantwortet.Insulin-Purging und Bulimie
Typisch für essgestörte Patientinnen mit Diabetes ist das sogenannte Insulin-Purging. Dabei spritzen sie sich bewusst weniger Insulin als nötig. In Folge bleiben mehr Kohlenhydrate im Blut. Diese Kalorien werden dann über den Urin ausgeschieden. Die Patientinnen zahlen dafür mit ihrer Gesundheit: Denn der dauerhaft erhöhte Blutzuckerspiegel schädigt Gefäße und Nerven. Eine weitere Essstörung ist die Bulimie, also die „Ess-Brech-Sucht“. Dabei wechseln sich Heißhungerattacken mit anschließendem Erbrechen ab.Ursachen und typische Symptome erkennen
Die Insulintherapie kann vor allem zu Beginn zu einer Gewichtszunahme führen. Junge Frauen mit Typ-1-Diabetes fühlen sich dann unzufrieden mit ihrem Körper. „Mitverantwortlich für die Entwicklung einer Essstörung könnte zudem die ständige Auseinandersetzung mit Nahrungsmitteln, Gewichtsregulation und körperlicher Aktivität sein“, erklärt Prof. Herpertz. Einige versuchten, mit einem gestörten Essverhalten auch den Stress zu bewältigen, den die chronische Krankheit auslöse, so der Experte. Ein Hinweis auf eine Essstörung kann es sein, wenn Gewicht und Blutzuckerwerte bei jungen Typ-1-Diabetikern stark schwanken. Auch Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, das Benutzen mehrerer Blutzucker-Messgeräte, das Wechseln der Batterie oder des Datums vor dem Arztbesuch und eine Verringerung der Anzahl täglicher Blutzuckermessungen können auf eine Essstörung hindeuten. Den vollständigen Experten-Chat von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe mit Prof.Dr. med. Stephan Herpertz zum Thema Essstörungen können Sie hier nachlesen:http://www.diabetesde.org/experten_chat/themen_von_a_bis_z/ernaehrung/chat_mit_herpertz/