(23.08.2024) Seit etwas mehr als einem Jahr sind Medikamente mit den Wirkstoffen Tirzepatid und Semaglutid auch in Deutschland zur Behandlung von Adipositas zugelassen. Als Kassenleistung dürfen die Schlankmacher aber weiterhin nur bei Typ-2-Diabetes verordnet werden. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) entschieden. Der Deutsche Diabetiker Bund begrüßt diese Entscheidung, da es derzeit immer wieder zu Lieferengpässen kommt. Menschen mit Diabetes, die das Medikament dringend benötigen, haben deshalb Schwierigkeiten, es zu erhalten.
Hype durch Prominente und Social Media
Ausgelöst wurde die enorme Nachfrage nach den Medikamenten auch durch Prominente und Social-Media-Beiträge, in denen der erfolgreiche Einsatz der Abnehmspritzen zur Gewichtsreduktion gelobt wurde. Längst nicht alle Anwender leiden unter krankhaftem Übergewicht – häufig werden die Medikamente auch aus kosmetischen Gründen eingesetzt. Menschen mit nur leichtem Übergewicht berichten, wie sie mit Hilfe der Spritzen schlanker geworden sind.Von diesem Missbrauch distanzieren sich auch die Hersteller der Medikamente ausdrücklich. Sowohl Lilly Deutschland (Hersteller des Medikaments mit dem Handelsnamen Mounjaro) als auch Novo Nordisk (Handelsnamen Wegovy und Ozempic) sprechen sich entschieden gegen den Einsatz ihrer Produkte als Lifestyle-Medikamente zur kosmetischen Gewichtsreduktion aus. In offenen Briefen rufen sie dazu auf, die Wirkstoffe nur dann einzusetzen, wenn eine medizinische Indikation vorliegt. Außerdem warnen sie ausdrücklich vor gefälschten Medikamenten, die im Internet angeboten werden. Diese können gesundheitsschädlich sein.
Hohe Kosten für das Gesundheitssystem
Neben der eingeschränkten Verfügbarkeit der Medikamente gibt es bei der Anwendung zwei weitere Probleme: Zum einen muss die Abnehmspritze in der Regel dauerhaft verabreicht werden, damit der gewünschte Effekt anhält. Wird das Medikament abgesetzt, nehmen die meisten Menschen wieder zu. Zum anderen würde die Verschreibung der Abnehmspritze als Kassenleistung bei Übergewicht ohne Diabetes zu einer enormen finanziellen Belastung des Gesundheitssystems führen: Die monatlichen Kosten für die Behandlung von Adipositas mit den neuen Medikamenten werden auf etwa 300 Euro beziffert. Derzeit gilt jeder vierte Erwachsene in Deutschland als adipös (BMI über 30).Es ist jedoch unbestritten, dass auch stark übergewichtige Menschen, die nicht an Diabetes erkrankt sind, von der Behandlung profitieren. Deshalb dürfen Ärzte die Medikamente bei Adipositas auf Privatrezept verschreiben. Eine Lockerung der Verordnungspraxis erwarten Experten aber erst, wenn der Patentschutz für die Wirkstoffe ausläuft. Falls die Preise in den kommenden Jahren sinken und die Produktionskapazitäten der Hersteller steigen, könnten noch mehr Menschen von der Behandlung profitieren.
Quellen:
Deutscher Diabetikerbund
WDR Nachrichten
Deutsche Apotheker Zeitung
Lilly Deutschland
eigene Recherche